„Vorhang auf“ für professionelle Laienspieler
Die legendären Weihnachtsmärchen in Vöhringen
Lange bilden aufwändig und liebevoll inszenierte Märchenaufführungen im Werk Vöhringen einen Höhepunkt im Jahresablauf. Vor allem für die Kinder der Mitarbeiter, die vor großem Publikum ihren ebenso großen Auftritt im Rahmen der Weihnachtsfeiern haben.
Noch heute sind vielen Mitwirkenden diese kulturellen Großereignisse in bester Erinnerung, die in den 1950er- und 1960er-Jahren regelmäßig in Vöhringen für Furore sorgen: Die Märchenaufführungen, zu denen sich die große Presswerkhalle in einen Theatersaal verwandelt. Da werden Lagerbestände beiseite geräumt, unzählige Stuhlreihen aufgestellt und eine große Bühne aufgebaut.
Zahlreiche Mitarbeiter bereiten sich, in ihrer Freizeit, auch hinter den liebevoll und aufwändig gestalteten Kulissen akribisch auf den großen Tag vor. Die Hauptpersonen – und bisweilen auch Hauptdarsteller – sind aber keine Mitarbeiter, sondern deren Kinder! Angeleitet von Erwachsenen und in manchen Stücken auch von ihnen auf der Bühne unterstützt, studieren sie alljährlich ein anderes Märchen als Theaterstück ein. Und dies wahrlich nicht als reine Kinderspielerei, sondern nach allen Regeln der Kunst: mit hohem Anspruch und viel Leidenschaft.
Den Auftakt macht 1950 ein Oratorium, bei dem die Weihnachtsgeschichte gespielt und gesungen wird, überwiegend von Kindern. So erfolgreich, dass bald schon größere Projekte in Angriff genommen werden. So bevölkert etwa 1954 ein wahres Großaufgebot an jungen, wie auch erwachsenen Darstellern die riesige, mit beeindruckenden Kulissen ausgestattete Bühne, gegeben wird diesmal der „Rattenfänger von Hameln“. Auf der Weihnachtsfeier zwei Jahre später kommt das „Rumpelstilzchen“ zur Aufführung.
Parallel dazu wirken Kinder auch an anderen Programmpunkten der Weihnachtsfeiern mit: als Schauspieler, Sänger oder Statisten, dabei nicht selten als Engel in luftiger Höhe auf einem riesigen Weihnachtsbaum stehend oder an dünnen Seilen unter der hohen Hallendecke schwebend.
Welcher zeitliche Aufwand von den Bühnenbildnern, Kostümschneiderinnen, Choreographen, Regisseuren, Maskenbildnern und Darstellern in der Vorbereitung jeweils geleistet wird, lässt sich heute nur noch vermuten. Ebenso, wie groß wohl das Lampenfieber der kleinen Schauspieler war.
Vermutlich beträchtlich. Denn die Hallen sind stets bis auf den letzten Platz gefüllt. Nicht nur mit Eltern und anderen Betriebsangehörigen, sondern auch die Prominenz ist vertreten: Für den Vorstandsvorsitzenden Karl Eychmüller und andere Führungskräfte ist es eine Selbstverständlichkeit, die Aufführungen jedes Mal durch ihre Anwesenheit zu beehren.